Sauerteig-Brot
Einleitung
Sauerteig ist wie der Name schon sagt säuerlich - der Grund ist, dass
Roggenmehl verwendet wird, welches gesäuert werden muss um damit backen
zu können (Roggenmehl enthält keine Eiweiß-Kleber wie z.B. Weizen
sondern Schleimstoffe (Pentosane), die aber erst durch Säuren aus dem Mehl
gespalten werden müssen). Diese Säuerung wird durch Milchsäurebakterien
bewerkstelligt.
(Derzeit wird an der Entwicklung eines Backmittels gearbeitet, mit dem man Roggenbrot
ohne Sauerteig backen kann (der säuerliche Geschmack ist anscheinend bei
der Jugend nicht IN, da Roggenbrot aber gesund ist ...).
Bei reinem Roggensauerteigbrot (welches ich hier behandle) reduziert sich die
Arbeit (Kneten ist nicht erforderlich) - der Zeitaufwand steigt aber (sehr lange
Teigruhe- bzw. Gehzeiten).
Außerdem ist eine hohe Anforderung an die Temperaturkontrolle gegeben!
Dieser Aufwand kann sehr hoch sein - oder man kann es sich mit geeigneten Mitteln
sehr einfach machen (aber dazu später).
Das Brot selber ist neben dem säuerlichen Geschmack sehr saftig und hält
länger als andere Brote frisch - ist also für Single und Paarhaushalte
besonders von Vorteil.
Selbstgemachtes Brot hat zudem den Vorteil, dass man weiß, was drinnen
ist (nämlich bloß Wasser, Mehl und Gewürze). Dass Sauerteigbrot
aus natürlichem Sauerteig (im Gegensatz zu industriell hergestelltem) sehr
gesund ist, wird immer wieder hervorgehoben.
Hat man einmal eine Sauerteigkultur zu Hause, wird diese mit der Zeit immer
stabiler und bringt auch immer bessere Backergebnisse. Man braucht dann nur
noch Mehl, Salz und Gewürze (und Wasser) um ein frisches Brot herzustellen.
1. Herstellung des Sauerteigs (Anstellgut)
Zur Herstellung eines eigenen Sauerteigs ist zuerst etwas Geduld nötig.
Allerdings nur das erste Mal! Hat man einmal eine Sauerteigkultur, kann man
auch täglich Sauerteigbrot backen (wenn man möchte).
Da die Hefepilze und Milchsäurebakterien schon im Mehl vorhanden sind,
braucht man wirklich nur Mehl und Wasser!
Je nachdem, wie oft und viel Brot man herstellen möchte kann man mit 1-Liter
oder 10-Liter Gefäßen arbeiten, die Menge ist prinzipiell egal.
Zutaten und Geräte:
- Roggenmehl (ich nehme Roggen-Bio-Vollkorn-Mehl ... wenn schon, denn
schon)
- lauwarmes Wasser (optimal: 30°C)
- Gefäß, welches man abdecken kann (Glas mit Frischhaltefolie,
Teigschüssel, Tapperware, ...) - mind. 1/2 Liter Fassungsvermögen,
besser etwas größer
- ein Startmenge Mehl mit dem Wasser vermischen, so dass eine breiige Masse
entsteht (sollte gerade noch vom Löffel fließen, wie Waffelteig)
- Gefäß abdecken/zumachen und an einen warmen Ort stellen (nicht
direkt auf Heizung!). Der Teig kann auch kühler stehen, es dauert dann
halt länger.
... hier eine kleine Menge Sauerteig in einem Glas. Die Folie verhindert
ein Austrocknen des Teigs.
- Zwei Tage stehen lassen (ev. nach 1 Tag umrühren)
- Ab jetzt jeden Tag die Teigmenge durch Zugabe von Mehl und Wasser verdoppeln
- Riechprobe (sollte langsam säuerlich riechen, mein Sauerteig riecht
wie Apfelessig)
- Nach dem 5. Tag sollte der Teig schon ordentlich Blasen werfen - meistens
gibt es nach ca. 1/2 Tag ein Maximum, wo der Teig sehr aufgegangen im Gefäß
steht, danach sackt er wieder zusammen und wird wieder "hungrig"
- man muss ihn wieder "füttern".
... na gut, diese Kultur ist schon ca. 8 Monate alt und entsprechend aktiv.
- Zum Brotbacken wird einfach ein Teil des Sauerteigs entnommen und zum Backen
verwendet, der Rest wird jeden Tag weitergefüttert, bis wieder genug
Menge für einen neuerlichen Backvorgang da ist.
2. Sauerteigbrot backen
2. a) Teigführung
Unter "Teigführung" versteht man den Vorgang, mit dem man den
Teig backfertig macht (bei normalem Brot mit Kneten und Gehenlassen vergleichbar).
Man steuert diesen Vorgang durch Zugabe von Mehl und Wasser, Steuerung der Temperatur
und durch die Zeitdauer, die dem Teig für jede Stufe der Führung gegeben
wird.
Es gibt verschiedene Arten von Sauerteigführung, einstufige bis 3-stufige.
Sie unterscheiden sich durch den Aufwand und die Zeitdauer.
Die klassische Dreistufenführung gilt als die aufwendigste, welches
aber das beste Ergebnis liefert (also ein besonders gutes Brot) - daher wende
ich sie auch an.
Die klassische 3-Stufenführung:
- Herstellung des Anfrischsauer: Roggenmehl und Anstellgut im Verhältnis
1:1 bis 2:1 mischen und mit Wasser zu einem weichen Teig mischen.
mind. 6 Stunden bei 22° bis 26° gehen lassen.
In dieser Phase sollen die Hefekulturen gefördert werden. Optimale Bedingungen
sind: sehr weich, kühl und luftig.
- Herstellung des Grundsauers: Roggenmehl und Anfrischsauer im Verhältnis
1:2 mischen und mit Wasser zu einem festen Teig mischen.
mind. 6 Stunden bei 23° bis 30° gehen lassen je kälter und fester
um so säuerlicher ("schärfer") das Brot.
- Herstellung des Vollsauers: Roggenmehl und Grundsauer im Verhältnis
1:3 mischen und mit Wasser zu einem weichen Teig mischen. Salz und Gewürze
beimengen und in die bebutterte Form füllen. Mit feuchten Fingern (kaltes
Wasser) glattstreichen und Teig etwas besprühen.
2 bis 4 Stunden bei 29° bis 32° gehen lassen.
In der Praxis schaut das bei mir anders aus (man möchte ja nicht mitten
in der Nacht aufstehen!):
- Da ich den Sauerteig immer am Abend füttere, habe ich eigentlich immer
einen Anfrischsauer. Ich achte nur am Tag vor dem Backen, dass ich die Menge
in etwa verdopple.
Für jeden neuen Mischvorgang gebe ich jetzt immer die selbe Menge
Mehl zu - am besten man nimmt sich dafür ein bestimmtes Gefäß
(z.B. eine Tasse).
- In der Früh mische ich den Grundsauer und stelle meine Schüssel
in meinen selbstgemachten Brutkasten (Metallschrank mit Styropor-Auskleidung,
Infrarotlampe und Aquarium/Terrarium-Elektronikregler) auf ca 24° ein.
Dann gehe ich zur Arbeit (oder am WE halt nicht ;-).
... Brutkasten: Metallkastenhälfte mit Styropor ausgekleidet, Sensor
links und Infrarotlampe rechts, Steuerung außen.
... die Steuerung erfolgt über ein Display an der Außenseite
des Kastens.
Neu: Habe mir eine Strahlungsfolie (Terrariumzubehör) statt der Infrarotlampe montiert. Auf große Fliese kleben, verkehrt herum auf 2 Holzleisten legen und Teig oben draufstellen ... gleichmäßiger, sparsamer und der Teig wird noch besser als mit der Lampe (anscheinend mögen die kleinen Kerle diese Strahlungswärme besonders).
Den Temperaturfühler stelle ich in ein mit Wasser gefülltes Schnapsglas, welches ich in den Teig drücke.
- 6 bis 8 Stunden später komme ich aus der Arbeit und fette die Brotform
aus. Ich mische den Vollsauer und stelle den Teig in der Brotform in den Brutkasten,
diesmal auf 23° bis 30°.
Die Brotform sollte ca. zur Hälfte gefüllt sein.

Ich schaue ca. jede Stunde nach, ob der Teig schon über den Rand der
Brotform reicht, wenn nein, dann lasse ich den Teig weiter gehen - wenn ja,
...

... stelle ich den Teig in den gerade angeheizten Ofen auf ein Gitter.
Tipp: Da ich meinen "Brutkasten" weit entfernt vom Ofen habe,
ist es mir schon passiert, dass durch einen kalten Luftzug und/oder Erschütterungen
der Teig zusammengefallen ist - Lösung: Ich nehme für den Transport
zum Ofen eine Kiste und trage das Ganze sehr, sehr vorsichtig ...
Unter- und Oberhitze auf 230°. Nach ca. 15 Minuten hört der Ofen
auf zu heizen, da er die 230° erreicht hat (ich sehe das an einem Kontrolllicht)
- ich schalte auf ca. 175° herunter und gebe nur noch Unterhitze. Nach
einer Gesamtbackzeit von 50 Minuten nehme ich das Brot aus der Backform und
gebe es ohne Backform wieder in den Ofen. Den Ofen drehe ich je nach Bräunungsgrad
ab oder lasse ihn noch 10 Minuten an. Danach lasse ich das Brot im/mit dem
Backofen auskühlen (das hat zur Folge das das Brot dort, wo es an der
Kastenform anliegt, nicht glitschig wird - keinesfalls das Brot in der Backform
auskühlen lassen, die noch enthaltene Feuchtigkeit wandert nach außen
und das Brot wird glitschig!).
- Das Brot ist anfangs noch sehr feucht im Inneren, so dass es beim Schneiden
noch sehr klebt. Einfach noch eine Weile offen liegen lassen.
Das fertige Brot:
3. Temperaturbereiche:
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optimale Temperatur |
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Hefepilze
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28° (Vermehrung)
32° (Gährung)
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sind für die Lockerung der Krume verantworlich |
Milchsäurebakterien
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30°-35°
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Essigsäureproduzierende Milchsäurebakterien
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20°-25°
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produzieren neben Milchsäure auch Essigsäure
Sind für den sauren/scharfen Geschmack verantwortlich |
4. Tipps:
- Jede Wohnung, jeder Backofen, jeder Thermometer/Thermostat ist anders. Daher
ist zu erwarten, dass man eine Weile experimentieren muss, um sein Brot perfekt
hin zu bekommen.
- In der Literatur wird meistens vom Grundsauer ein Teil für den nächsten
Teig weggenommen - Ich mach das nicht, sondern ziehe die Sauerteigkultur in
einem extra Gefäß - brauche ich Anstellgut, nehme ich einfach die
benötigte Menge davon weg.
- Die Temperaturkontrolle ohne Brutkasten ist etwas mühsam: Ich habe
in der Zeit vor meinem Brutkasten den Teig im Backrohr gehen lassen (Außenthermometer
in das Backrohr und das Backrohr ca. 50 sek. aufdrehen - nach ein paar Minuten
die Temperatur kontrollieren und gegebenenfalls noch ein paar Sekunden einschalten.
Die Tatsache, dass das ein sehr mühsames Verfahren ist (man muss ca.
jede Stunde kurz aufdrehen), ich eine Plastikschüssel zerschmolzen und
dabei fast meine Sauerteigkultur verloren habe (jetzt sollte jedem klar sein,
warum ich nicht erst vom Grundsauer den Sauerteig fürs nächste Mal
wegnehme) hat mich dann auf die Brutkastenidee gebracht - ich kann nur sagen,
dass ich es bisher noch keinen Augenblick bereut habe (Die Elektronik bekommt
man für ca. 30 Euro fix und fertig).
- Die Zeiten müssen nicht genau eingehalten werden, sondern sind meistens
Minimalzeiten. Es geht im Prinzip darum, dass durch die verschiedenen Temperaturbereiche
alle beteiligten Mikroorganismen ihre Optimaltemperatur "abbekommen".
- Die Sauerteigkultur kann im Kühlschrank ca. 1 Woche auf Sparflamme
gehalten werden (z.B. im Urlaub)
- Die Sauerteigkultur kann mit Mehl trockengekrümelt werden und im Kühlschrank
auch für längere Zeit stillgelegt werden ("Krümelsauer").
- Auch ein Einfrieren ist möglich - Die Hefepilze und Milchsäurebakterien
überstehen so einen Kälteschlaf normalerweise ohne Probleme.
- Ausstreichen auf Backpapier. Nach der Trocknung sind diese Flocken fast
unbegrenzt halbtbar.
- Essigsäurebakterien (eigentlich Milchsäurebakterien die auch Essigsäure
produzieren ... aber eigentlich ist das ja egal) entwickeln sich optimal bei
2025 °C.
Da die Essigsäurebakterien für den säuerlichen Geschmack verantwortlich
sind, kann man mit diesem Wissen den Geschmack des Brotes steuern, indem man
den jeweiligen Temperaturbereich im Grundsauer mehr bevorzugt.
- Wenn die Oberkruste sehr hart ist (vor allem am ersten Tag) zum Schneiden
das Brot verkehrt hinlegen (Kruste unten) ... keine Angst, die Kruste wird
jeden Tag weicher.
Brot verkehrt schneiden, dann zerdrückt man es nicht: 
Problembehandlung:
- Kruste zu dünn: Teigoberfläche vor dem letzten Gehen oder vor
dem Backen besprühen..
- obere Kruste und Krume haften nicht aneinander, sondern es ist ein Spalt
vorhanden: Anfangs keine Oberhitze!
- obere Kruste wird zu dunkel: Oberhitze früher ausschalten, Brot weiter
unten in den Backofen stellen
- obere Kruste ist OK, an der Backform anliegende Kruste ist zu weich: länger
und/oder höhere Unterhitze, Brot länger/heißer ohne Form backen.
- Krume ist zu feucht: Längere Backzeit bei niedrigerer Temperatur, längere
Backzeit ohne Form, weniger feuchter Vollsauer, Brot ein paar Stunden liegen
lassen.
- Brot ist schwer zu schneiden, da die obere Kruste zu hart ist: EinenTag
stehen lassen oder Brot auf den Kopf stellen und mit Oberseite unten schneiden.Messer
mit Wellen/Sägeschliff.
Versuchsreihe "freigeschobenes Roggenbrot":
Ich verwende einen sogenannten Pizzastein.
- Kruste super. Krume zu fest. Anscheinend zu kurze Gehzeit in der 3. Stufe.
Stufe 3 in Schüssel.
- Versuch war schon besser (mit Gärkörchen) aber immer noch etwas
zu fest - vergleichbar mit Bauernbrot (also durchaus essbar aber halt nicht
so luftig wie in der Form gebacken)